Highlands

 

 [dropcap style=“font-size: 60px; color: #b80b13;“]I[/dropcap]n Hull steige ich aus. Verlasse die Fähre. Verlasse die mir vertraute Verkehrswellt und bewege mich von nun an links, so der Plan. Konzentriert wie selten zirkle ich mein Auto durch das Hafen-Städtchen, entspanne mich erst auf dem Highway „The North“ etwas. Auffallend, die Engländer fahren ohne Licht. Das ist gut. Meine Scheinwerfer sind noch nicht ab geklebt. Auf einem Parking Space, direkt neben dem Highway halte ich an. Während Shania Twain mich fragt unter welchem Bett denn nun meine Schuhe wären, versuche ich die Klebedinger, gekauft auf der Fähre, am richtigen Ort auf meine Scheinwerfer zu kleben. Es beginnt zu regnen. Sonntag 10:00Uhr Ortszeit. Hätte ich gewusst dass der Regen bis Dienstag Morgen nicht mehr aufhören würde, ich hätte wohl auf der Stelle gewendet. Gut das der Mensch nicht in die Zukunft blicken kann.

Lastwagen donnern mit 60mph an mir vorbei. Die Seelennase beginnt sich leicht zu verkrampfen. Ich suche meinen Weg von Hull via Darlington, Carlisle, Glasgow nach Perth, rechne dauernd Mp/h in Km/h um. Es regnet.

Die Gischt der wasweissichwieviel-Tönner beschert mir einen Adrenalinschub nach dem anderen. Egal ob ich versuche einen Laster zu überholen oder selber überholt werde, die Sicht ist gleich Null. Wie machen die Engländer das bloss? Zum wiederholten mal fragt mich Shania nach meinen Schuhen, Glasgow ist erreicht. Zeit für eine Pause. Es regnet.

In Glasgow die ersten Gespräche mit Einheimischen. Ich: „Hi“ Er: „Hello Sir“ Ich: „Number 2 please.“ Er: „Ok, 44 Pounds, Sir.“ Ich: „Pardon?“ Er: „44 Pounds!“ Ich: „44 Pounds, Ok.“ Er: „Thanks, Sir. Bye, bye.“ Ich: „Bye, bye.“ Geschafft! Auf englisch getankt, Scheinwerfer ab geklebt, den Kampf mit den Lastern immerhin bis Glasgow gewonnen. Ich bin richtig gut! Im Auto schalte ich auf Amy McDonald um. Klingt schottischer, irgendwie. Auf dem Parkplatz dann die erste Begegnung der Linken Art. Falsche Spur! Zwei trübe Scheinwerfer blinken mich an. Ein älteres Paar winkt mir zu, deutet auf meine Autonummer. Ich bin wieder da. Auf dem Boden der Tatsachen. Linksverkehr. Es regnet.

Weiter via Perth, Pitlochry, Newtonmore, Aviemore nach Inverness. Amy wünscht sich etwas mehr, ich etwas weniger, Regen und Verkehr. Pause an einer geschlossenen Tourist Information. Regenjacke und Hut. Ein Holzschild deutet auf eine Wahlbeobachtungsstation, ein Schotte (reine Vermutung) hüpft auf dem Parkplatz umher. „Sleeping legs“ erklärt er mit einem schiefen Grinsen. Ullapool, meine Antwort auf seine Frage nach meinem Ziel. Er ist begeistert. Schöner Ort, gutes Essen wenn man Fisch mag. Ich sei aber Spät dran. Mitte Oktober ist Saisonende. Auf meine Frage nach dem Verkehr und den Lastern schmunzelt er. Ja, es sei halt Mittagszeit und nach Inverness sei sowieso Schluss damit. Bei den Lastern müsse ich halt auf das Blinken achten, dann könne ich ohne Sorge „overtaken“. Noch eine Weile geplaudert, es klappt ja doch noch. Aber Achtung jetzt, Einspuren auf den Highway, Linksverkehr. Amy wünscht sich mich schon länger zu kennen. Ich bin gerührt, fahre auf den Highway, erwische die richtige Spur! Die Seelennase atmet so frei wie noch selten. Es regnet.

Inverness liegt hinter mir. Der Verkehr ist wie abgeschnitten. Nur vereinzelt tauchen aus dem Regen vor mir noch Lastwagen auf. Das „overtaking“ wird fast zum partnerschaftlichen Ritual. Aufschliessen, warten bis der Fahrer links blinkt. Überholen, der Fahrer zieht die Lichthupe, ich blinke mit links, rechst zurück. Fast wie Zuhause. Vorbei am Loch Glascarnoch, unheimlich schöne Landschaft. Braunrot, manchmal fast knallgelb, nur vereinzelt noch grüne Tupfer. Wenn da die Sonne noch scheinen würde. Als sich Carlene Carter mit ihren kleinen Dingen einmischt, erreiche ich das Loch Broom. Und schliesslich Ullapool. Es regnet.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert